Gleicher Lohn für Frauen und Männer in der Bundesverwaltung - Lohngleichheitsanalyse

SCHWEIZ: LOHNGLEICHEIT

Medienmitteilung vom 30. September 2022

Der Bund hat die Lohngleichheitsüberprüfung mit dem Lohngleichheitsinstrument des Bundes (Logib), Modul 1, durchgeführt. Nach Berücksichtigung lohnrelevanter Faktoren wie Ausbildung, Alter, Anforderungsniveau und Funktion liegt kein Hinweis auf eine Diskriminierung vor – genügt das?
Kommentar von Rosemarie Weibel:
Wie in der Medienmitteilung ausgeführt, trat am 1. Juli 2020 das revidierte Gleichstellungsgesetz (GIG) in Kraft, das alle Arbeitgebenden mit mehr als 100 Mitarbeitenden zur Durchführung einer Lohngleichheitsanalyse verpflichtet. Diese muss durch eine unabhängige, externe Stelle formal überprüft und das Ergebnis anschliessend den Mitarbeitenden kommuniziert werden (vgl. NL 2019#1, NL 2019#3).

In den vergangenen Wochen häuften sich Mitteilungen von öffentlichen und privaten Arbeitgebenden, die Durchführung der Lohnanalyse habe gezeigt, dass die Lohngleichheit gewährt sei. Dabei wird jeweils einzig das Schlussresultat bekanntgegeben, d.h. nach Berücksichtigung einerseits der personenbezogenen Daten (sog. Humankapital - Ausbildung, Alter u.ä.), andererseits der funktionsbezogenen Daten (Anforderungsniveau, Hierarchiestufe u.ä.). Diese Resultate zeigen eine allfällige systematische Lohndiskriminierung im engeren Sinne auf, d.h. bei sogenannt gleichwertiger Arbeit. Interessant wären aber auch die Lohnunterschiede zwischen Männern* und Frauen* allgemein sowie der Unterschied nach Humankapital. Beispiele: Bei nach Dienstalter bereinigten Unterschieden zum Beispiel geht ein möglicher Hinweis auf (zu) hohe Dienstalterszulagen, die tendenziell Personen mit linearer Arbeitskarriere, d.h. insbesondere Männern, zugutekommen verloren. Bei auf Vollzeitstellen umgerechneten Löhnen geht unter, dass die Firma möglicherweise die Vereinbarkeit von Beruf und Karriere fördert, indem Teilzeitstellen häufig sind, möglicherweise aber auch genau nicht, wenn solche Teilzeitstellen fast ausschliesslich von Frauen besetzt sind. Bei den nach funktionsbezogenen Merkmalen bereinigten Resultaten ist eine allfällige vertikale Ungleichbehandlung, d.h. mehr Männer* als Frauen* in anspruchsvolleren Stellen, insbesondere in Kaderstellen, nicht ersichtlich.
(Vgl. zum Thema auch den Beitrag zum Artikel von Jean-François Marquis, membre SSP, „Expliquer les inégalités ou les effacer? in
NL 2019#2.)

2018 lagen die gesamten Erwerbseinkommensunterschiede (
Gender Overall Earning Gap) zwischen Frauen und Männern auf nationaler Ebene bei 43.2%, was den CEDAW-Ausschuss bewog, die Schweiz aufzufordern, ihre Anstrengungen zur Beseitigung des Lohngefälles zwischen Frauen und Männern zu verstärken und Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt zu gewährleisten. Dabei bezog sich der Ausschuss keineswegs rein auf Lohndiskriminierungen im engeren Sinn (Empfehlungen CEDAW-Bericht 4/5, Ziffern 36 f.).
Mit anderen Worte wäre es wünschenswert, wenn nicht bloss die Schlussresultate der Lohnanalysen veröffentlicht würden, sondern auch die einzelnen Grundresultate vor Bereinigung aufgrund der personen- und funktionsbezogenen Merkmale: Damit würde einerseits die Diskussion über Lohnunterschiede und deren Ausmass allgemein möglich und andererseits die vertikale und horizontale Ungleichstellung ersichtlich. So könnten die Erwerbseinkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern, aber auch mit Bezug auf systemrelevante, oft unterbezahlte Arbeiten, firmenintern und gesellschaftspolitisch sichtbar gemacht und angegangen werden.


Direkter Link zur Medienmitteilung (admin.ch)
siehe ferner auch Bericht des Bundesrates, Erfassung des Gender Overall Earnings Gap und anderer Indikatoren zu geschlechterspezifischen Einkommensunterschieden (in Erfüllung Postulat 19.4132)
Gender Law Newsletter 2022#04, 01.12.2022