Politisches Mandat auch bei Mutterschaft

SCHWEIZ: STANDESINITIATIVE KANTON ZUG

Standesinitiative 19.311 des Kantons Zug vom 4. September 2019, Änderung der Bundesgesetzgebung

Seitdem letztes Jahr in Basel eine Grossrätin von einer Abstimmung ausgeschlossen wurde, weil sie ihr Baby in den Ratssaal mitgebracht hatte, ist im Bewusstsein der breiteren Öffentlichkeit angekommen, dass auch Mütter Parlamentarierinnen sind. Der Kanton Zug hat nun eine Standesinitiative eingereicht, um die Frage der Mutterschaftsentschädigung zu klären.

Kommentar von Manuela Hugentobler
Mutterschaft war historisch für Parlamentarier*innen in der Schweiz nicht vorgesehen – dass wir übernächstes Jahr erst das 50. Frauenstimmrechtsjubiläum feiern, ist nicht der einzige Hinweis darauf, dass das politische System auf einen Staatsbürger ausgerichtet war, der eine ganz bestimmte Vorstellung von Männlichkeit verkörpert. Auf Bundesebene ist seit Anfang des 21. Jahrhunderts geregelt, dass Personen, die aufgrund des 14-wöchigen Mutterschaftsurlaubes fehlen, weiterhin Anspruch auf Taggelder haben. Seit 2010 werden sie auf den Abstimmunglisten auch als ‘entschuldigt’ aufgeführt. Auf kantonaler Ebene gibt es häufig keine solchen Regelungen – was dazu führt, dass der Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung gefährdet sein kann (Art. 16d EOG, SR 834.1). Dieses Problem will die Standesinitiative des Kantons Zug (19.311) lösen, indem insbesondere das EOG angepasst wird: «Die Bundesgesetzgebung sei derart anzupassen, dass Frauen nach der Geburt eines Kindes auf allen politischen Legislativebenen ihre Mandate während des Mutterschaftsurlaubs wahrnehmen können, ohne dadurch den Anspruch auf die Mutterschaftsentschädigung und den Mutterschutz aus der beruflichen Tätigkeit zu verlieren.» Kann nun aber ein*e kantonale*r Parlamentarier*in aufgrund der Mutterschaft trotzdem nicht teilnehmen bedeutet das, dass ihre Stimmkraft verloren geht. Aus diesem Grund gab es im Kanton Basel-Stadt und in den Stadträten von Luzern und Bern bereits Vorstösse für eine Stellvertretungsregelung. Angesichts des 40. Jubiläums der CEDAW ist es höchste Zeit dafür, Müttern ihre politische Tätigkeit nicht noch länger zu erschweren und dem Art. 7 der Konvention Genüge zu tun, der auch von der Schweiz die Gewährleistung der diskriminierungsfreien Teilnahme für Frauen am politischen Leben fordert. Das Bild eines Staatsbürgers, der frei von Care-Arbeit sein politisches Mandat ausüben kann, ist schon lange überholt – es wird Zeit, dass das auch in den rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen explizit wird. 

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