Parlamentarische Vorstösse für eine effektivere Kontrolle der Lohngleichheit

Spendenbutton / Faire un don
Gender Law Newsletter FRI 2025#2, 01.06.2025 - Newsletter abonnieren

SCHWEIZ: PARLAMENTARISCHE VORSTÖSSE AUF BUNDESEBENE 

Gemäss einer Medienmitteilung des Bundesrats vom 7. März 2025[1] erfüllt mehr als die Hälfte der Unternehmen ihre Pflicht zur Durchführung einer Lohngleichheitsanalyse nicht. Der Bundesrat will deshalb das Gleichstellungsgesetz (GlG) bereits bis Ende 2027 auf seine Wirksamkeit überprüfen. Bezugnehmend darauf wurden zahlreiche parlamentarische Vorstösse eingereicht, die sich mit den Lohngleichheitskontrollen befassen. Andere fragen nach der Kontrolle der Vorgaben im Aktienrecht und möchten mehr wissen zu den Gründen für die Lohnunterschiede bei selbständig Erwerbenden.

A. Verlängerung der Pflicht zu Lohngleichheitsanalysen

Parlamentarische Initiative 25.406 «Abschaffung der Sunset-Klausel im Gesetz über die Gleichstellung von Frau und Mann», eingereicht am 6. März 2025 von Maya Graf im Ständerat
Motion 25.3239 «Gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Analysepflicht nachbessern», eingereicht am 20. März 2025 von Kathrin Bertschy im Nationalrat


Die parlamentarische Initiative 25.406 von Maya Graf fordert die Abschaffung der sog. Sunset-Klausel, wonach die Verpflichtung von Unternehmen mit 100 und mehr Beschäftigten, Lohngleichheitsanalysen durchzuführen, am 1. Juli 2032 automatisch aus dem Gesetz gestrichen wird.

Ebenfalls in Richtung nicht bloss vorübergehender bzw. einmaliger Analysen geht die Motion Bertschy 25.3239: Sie beantragt, die Einmaligkeit der Lohnanalyse aufzuheben, d.h. auch diejenigen Unternehmen zu regelmässigen Analysen zu verpflichten, bei denen eine Lohngleichheitsanalyse gezeigt hat, dass die Lohngleichheit eingehalten ist (vgl. Art. 13a Abs. 3 des Gleichstellungsgesetz; GlG).

B. Einführung von Sanktionen bei Verletzung der Analysepflicht bzw. bei struktureller Lohndiskriminierung

Motionen 25.3391 «Lohndiskriminierung. Unternehmen zur Umsetzung von Korrekturmassnahmen verpflichten» und 25.3400 «Einführung von Sanktionen für Unternehmen, die Lohndiskriminierung nicht korrigieren», eingereicht von Greta Gysin am 21. März 2025 im Nationalrat
Motion 25.3300 «Transparente Anwendung des Gleichstellungsgesetzes», eingereicht von Martine Docourt am 21. März 2025 im Nationalrat


Mehrere Vorstösse verlangen Sanktionen bei struktureller Lohndiskriminierung.

Die Motion Gysin 25.3391 beantragt die Prüfung der Ergebnisse der Lohngleichheitsanalysen durch eine Behörde, z.B. das EBG. Wird eine strukturelle Lohndiskriminierung festgestellt, so müssen die Unternehmen wirksame Massnahmen zu deren Beseitigung ergreifen und diese den Behörden melden.

Mit der Motion Gysin 25.3400 wird die Einführung von Sanktionen verlangt, falls Unternehmen die Lohndiskriminierung nicht korrigieren. Sanktioniert werden sollen insbesondere Unternehmen, die eine mögliche systematische Lohndiskriminierung innerhalb ihrer Organisation festgestellt und bis zur Folgeanalyse keine Korrekturmassnahmen ergriffen haben.

Die Motion Docourt 25.3300 schlägt als Sanktion vor, dass Unternehmen auf eine öffentlich zugängliche Liste gesetzt werden, wenn sie die Lohngleichheitsanalyse nicht fristgerecht durchführen, wenn sie die Lohngleichheitsanalyse nicht überprüfen lassen, wenn sie ihre Mitarbeitenden nicht informieren oder wenn die Analyse eine systematische Geschlechterdiskriminierung zeigt.

C. Massnahmen zur Umsetzung der Lohngleichheit

Postulat 25.3175 «Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit», eingereicht von Katharina Prelicz-Huber am 19. März 2025 im Nationalrat
Postulat 25.3410 «Umsetzen der Lohngleichheit», eingereicht von Ursula Zybach am 21. März 2025 im Nationalrat

Interpellation 25.3078 «Einhaltung der Lohngleichheit bei der Vergabe von Bundessubventionen», eingereicht von Jacqueline De Quattro am 10. März 2025 im Nationalrat

Mit einer allgemeineren Formulierung verlangt das Postulat Zybach 25.3410, den Bundesrat zu beauftragen, Massnahmen zu prüfen, damit die in der Bundesverfassung postulierte Lohngleichheit endlich umgesetzt wird. Damit sollen die Unternehmen unterstützt werden, die Lohngleichheit zu überprüfen, die Mitarbeitenden zu informieren und bei Bedarf interne Massnahmen zu ergreifen.

Ähnlich das Postulat Prelicz-Huber 25.3175: der Bundesrat soll in einem Bericht evaluieren, ob der in Art. 8 Abs. 3 der Bundesverfassung (BV) und im GlG festgehaltene Grundsatz des gleichen Lohns für gleichwertige Arbeit eingehalten wird (eine wohl eher rhetorische Frage) und welche Massnahmen bei Nicht-Einhaltung der BV und des GlG ergriffen werden können, um gleiche Löhne für gleichwertige Arbeit zu gewährleisten.

Im Sinne einer möglichen Massnahme fragt die Interpellation De Quattro 25.3078 den Bundesrat, ob er bereit sei, das Subventionsgesetz oder eine andere geeignete Gesetzesbestimmung dahingehend zu ändern, dass Bundessubventionen nur an Unternehmen vergeben werden, welche die Lohngleichheit einhalten (analog zu den Bestimmungen des Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen; BöB).

D. Kontrolle der Vorgaben im Aktienrecht

Interpellation 25.3244  «Geschlechterrichtwerte. Werden die Vorgaben des Aktiensrechts kontrolliert und durchgesetzt?», eingereicht von Marti Min am 20. März 2025 im Nationalrat

Postulate «Was ist mit den ungeklärten Einkommensungleichheiten zwischen Unternehmerinnen und Unternehmern?», eingereicht am 17. März 2025 im Nationalrat

Mit der Interpellation Marti Min 25.3244 wird der Bundesrat gefragt, ob die Vorgaben des Aktienrechts (Art. 734e f. OR) bezüglich Geschlechterrichtwerten kontrolliert und durchgesetzt werden, da gemäss Medienberichten die UBS z.B. in ihrem neuesten Geschäftsbericht auf Geschlechterrichtwerte und Massnahmen zur Förderung der Diversität verzichtet.

E. Einkommensungleichheiten zwischen Frauen und Männern, die eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausüben

Postulate «Was ist mit den ungeklärten Einkommensungleichheiten zwischen Unternehmerinnen und Unternehmern?», eingereicht am 17. März 2025 im Nationalrat

Gleich mehrere parallel eingereichte Postulate im Nationalrat (Hässig 25.3121, de Quattro 25.3120, Glättli 25.3119, Amaudruz 25.3118, Meier 25.3117, Revaz 25.3116) fragen: «Was ist mit den ungeklärten Einkommensungleichheiten zwischen Unternehmerinnen und Unternehmern?».

Bezug nehmend auf den Bericht des Bundesrates vom 7. September 2022 in Erfüllung des Postulats 19.4132 weisen sie darauf hin, dass selbständigerwerbende Frauen im Durchschnitt 20 Prozent weniger pro Stunde als selbständigerwerbende Männer verdienen, und dass dieser Unterschied «[...] sich nicht durch die üblicherweise angeführten Faktoren wie die Berufserfahrung oder die Verteilung der Geschlechter auf die Berufe oder die Wirtschaftszweige erklären [lässt]».
Der Bundesrat soll deshalb beauftragt werden, «einen Bericht vorzulegen über die ungeklärten Einkommensungleichheiten zwischen Frauen und Männern, die eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausüben, und darin: – die Situation pro Sektor darzulegen, – mögliche Erklärungen pro Sektor auszuführen, – mögliche Verbesserungen pro Sektor vorzuschlagen».