Keine automatische Bekanntgabe von Privatadressen von Opfern

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Gender Law Newsletter FRI 2025#4, 01.12.2025 - Newsletter abonnieren

SCHWEIZ: PARLAMENTARISCHE INITIATIVE UND MOTION AUF BUNDESEBENE

Parlamentarische Initiative 25.478 eingereicht von Tamara Funiciello am 26. September 2025 beim Nationalrat und Motion 25.4310 eingereicht von Patricia von Falkenstein am 26. September 2025 am Nationalrat (mit einer Stellungnahme des Bundesrats am 19. November 2025), beide mit dem Titel «Keine automatische Bekanntgabe von Privatadressen von Opferm»

Diese parlementarische Initiative und diese Motion fodern, dass die Adresse der Privatkläger*innen in den Akten des Strafverfahrens nicht aufgeführt wird und der beschuldigten Person nur dann mitgeteilt wird, wenn diese beschuldigte Person ein schutzwürdiges Interesse nachweist.

Die Motion und die parlamentarische Initiative haben den gleichen Inhalt und die gleiche Begründung. Sie verlangen das Folgende: «Die Strafprozessordnung ist dahingegen zu ändern, dass die Wohnadresse der Privatklägerin bzw. des Privatklägers nicht grundsätzlich in den Verfahrensakten aufgeführt wird. Die Bekanntgabe darf nur erfolgen, wenn die beschuldigte Person einen begründeten Antrag stellt und ein schutzwürdiges Interesse nachweist. Die Offenlegung der Identität (Name) bleibt unberührt».

Ihre Autorinnen weisen auf die Gefahr hin, dass die Bekanntgabe der Privatadresse der Privatkläger*innen ohne besonderen Schutzmechanismus «insbesondere in Fällen häuslicher Gewalt, Stalking oder sexualisierter Gewalt» erhebliche Gefahren für das Opfer mit sich bringen. Sie erklären auch in ihrer Begründung, dass durch die vorgeschlagene Gesetzänderung die Staatsanwaltschaft ebenfalls «ausdrücklich verpflichtet [wird], im weiteren Verfahrensverlauf sensible Kontaktangaben in Dokumenten zu schwärzen. Dies trägt zu einem verbesserten Opferschutz und einem konsequenten Umgang mit Datenschutz und Sicherheitsbedenken bei».

Der Bundesrat hat die Annahme der Motion empfohlen.

Direkter Zugang zur parlamentarischen Initiative (https://www.parlament.ch)
Direkter Zugang zur Motion (https://www.parlament.ch)
Wir verweisen auf die in diesem Newsletter besprochenen Themen in Bezug auf geschlechtsspezifische Gewalt: das zweiter Bericht der Schweiz an die Grevio zur Umsetzung der Istanbul-Konvention, den Bericht der Schweiz zur Umsetzung der Empfehlungen des Ausschusses der Vertragsstaaten (CoP) vom 6. Dezember 2022, das Urteil des Bundesgerichts 2C_173/2024 vom 16. September 2025 sowie diverse parlamentarische Vorstösse zur geschlechtsspezifischen Gewalt und einen Postulat zur digitalen Gewalt.