Anlaufstelle für Betroffene von digitaler Gewalt

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Gender Law Newsletter FRI 2025#4, 01.12.2025 - Newsletter abonnieren

SCHWEIZ: POSTULAT AUF BUNDESEBENE 

Postulat 25.3824 «Anlaufstelle für Betroffene von digitaler Gewalt», eingereicht von Meret Schneider am 20. Juni 2025 beim Nationalrat und Stellungnahme des Bundesrats vom 27. August 2025

Das Postulat fordert eine Prüfung der Frage, «wie eine Anlaufstelle und Opferberatung für Betroffene von digitaler Gewalt geschaffen werden könnte. Dabei sollen Optionen wie ein Leistungsauftrag an Nonprofit-Organisationen mit entsprechendem Angebot oder die Schaffung einer beim Bund angesiedelten Stelle in Betracht gezogen werden».

Die Autorin begründet das Postulat wie folgt: «[...] In den letzten Jahren hat digitale Gewalt zugenommen, insbesondere gegen Jugendliche und junge Erwachsene. Eine Studie aus dem Jahr 2022 zu digitaler Hassrede in der Schweiz zeigt, dass fast jede zehnte Person (9,3 Prozent) der Schweizer Bevölkerung persönlich von Hassrede betroffen war. Bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist es fast jede zweite Person, die bereits von digitaler Gewalt betroffen war (James-Studie der ZHAW). Eine Studie aus Deutschland der gemeinnützigen Menschenrechtsorganisation HateAid zeigt ein noch drastischeres Bild: 92 Prozent der befragten 18- bis 24-Jährigen haben Beleidigungen im Internet erlebt, während 83 Prozent mit Hassrede oder hasserfüllten Nachrichten konfrontiert wurden. Die Folgen sind dabei gravierend: Suizid aufgrund von Cybermobbing und Cyberstalking zählen inzwischen zu den häufigsten Todesursachen bei Jugendlichen. Mit Blick auf die Bewältigungsstrategien digitaler Gewalt hebt die Studie hervor, dass viele junge Erwachsene sich nicht mehr trauen, ihre Meinung zu äussern, wodurch sie schliesslich nicht mehr in der öffentlichen Debatte repräsentiert sind.
Es gibt Einigkeit darüber, dass die sozialen, physischen, psychischen und ökonomischen Folgen digitaler und analoger Gewalt sich ähneln. Daher kann sich bei der Planung von Interventionen an der langjährigen Expertise von entsprechenden Opferberatungsstellen orientiert werden. Es wäre jedoch zu kurz gedacht, dieses neue Themenfeld zusätzlich den bereits bestehenden Beratungsstellen aufzubürden. In Anbetracht der komplexen Fragestellungen, die diese neuen Herausforderungen für unsere Gesellschaft darstellen und die sich künftig noch akzentuieren werden, bitte ich den Bundesrat um Prüfung der Schaffung einer spezifisch auf digitale Gewalt ausgerichteten nationalen Anlaufstelle.
[...]».

In seiner Stellungnahme hat der Bundesrat hat die Annahme des Postulats beantragt.

Direkter Zugang zum Postulat (https://www.parlament.ch)
Zur geschlechtsspezifischen digitalen Gewalt, vgl. Newsletter 2023#2
Zum Cybermobbing gegen LGBT-Personen, vgl. Newsletters 2020#1 und 2025#2
Zur geschlechtsspezifischen Gewalt, vgl. auch das zweiter Bericht der Schweiz an die Grevio zur Umsetzung der Istanbul-Konvention, den Bericht der Schweiz zur Umsetzung der Empfehlungen des Ausschusses der Vertragsstaaten (CoP) vom 6. Dezember 2022.