Kommentar zum Gleichstellungsgesetz

SCHWEIZ: GLEICHSTELLUNGSGESETZ

Publikation verzögert (ursprünglich 2020)

Gastbeitrag von Julia MEIER / Marisa BEIER / Nicole NICKERSON / Arezoo SANG BASTIAN / Youlo WUJOHKTSANG

Der Frauen*streik hat uns zusammengebracht. Wir sind eine Gruppe von Nachwuchsforscherinnen an der Universität Zürich und überzeugt, dass feministische Anliegen und Perspektiven trotz vielen Bemühungen noch nicht im Mainstream der (schweizerischen) Rechtswissenschaften angekommen sind. Deshalb gründeten wir den Verein Feministisch.Ius (F.Ius), um die Sichtbarkeit von Gleichstellungsfragen, Intersektionalität, LGBTQIA+ Anliegen und Feminismus in der rechtswissenschaftlichen Lehre, Forschung und Praxis, insbesondere an unserer Universität, zu stärken.
 
Dass es Organisationen wie die unsere braucht, führte uns eine Nachricht diesen April wieder einmal vor Augen. Ein Kommentar zum Gleichstellungsgesetz wurde angekündigt und als Herausgeberschaft waren einzig drei Männer aufgeführt. Es ist keine Seltenheit, dass Frauen als Autorinnen oder Herausgeberinnen in der rechtswissenschaftlichen Literatur untervertreten sind. Dass eine rein männliche Herausgeberschaft für einen Kommentar zum Gleichstellungsgesetz im Jahr 2020 noch möglich ist, hätten wir jedoch nicht erwartet. Das Gleichstellungsgesetz bezweckt die Förderung der tatsächlichen Gleichstellung von Frau und Mann (Art. 1 GlG). Die rein männliche Zusammensetzung der Herausgeberschaft widerspricht also gerade dem Zweck des kommentierten Gesetzes. Zudem hätte es auf diesem Gebiet genug sehr kompetente Frauen gegeben, welche für eine Herausgeber*innenschaft bestens geeignet gewesen wären. Schliesslich brachte die Tatsache, dass einer der drei Männer das Männermagazin Maxim herausgibt, für uns das Fass zum überlaufen.
 
Aus diesem Grund wandten wir uns mit einem Schreiben an den zuständigen Verlag. Uns war es wichtig, den verantwortlichen Personen konstruktiv unsere Bedenken und Sichtweise darzulegen und einen professionellen Dialog anzustreben. Der Verlag hat umgehend und sehr gut auf unsere Kritik und Anregungen reagiert und wir freuten uns über den produktiven Austausch. Einige Tage später erfuhren wir aus der NZZ am Sonntag, dass der Verleger der Maxim für den Verlag als Herausgeber des Kommentars «untragbar» geworden sei. «Sein Lebenswandel ‹passt nicht zu diesem Werk›», hiess es seitens des Verlages. Mit dieser Reaktion hatten wir nicht gerechnet und wir unterstützen den Entscheid des Verlages.
 
Im besagten Artikel kommt auch der abgesetzte Herausgeber zu Wort: «Er habe fachlich ‹kein Verständnis› für diesen Entscheid, habe aber die politische Dimension unterschätzt. ‹Für uns Anwälte sind Gesetzestexte neutral. Sie sind unser Werkzeug.›» Diese Aussage verkennt, dass Recht notwendigerweise mit Macht verknüpft ist und deshalb nicht neutral sein kann. Und sie zeigt, wie wichtig die Arbeit von Organisationen wie der unseren nach wie vor ist.

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