Die Rückweisung einer Interpellation wegen Verwendung des generischen Maskulinums entbehrt einer genügenden gesetzlichen Grundlage

SCHWEIZ, STADT ZÜRICH: SPRACHLICHE GLEICHBEHANDLUNG

Bezirksrat Zürich, Beschluss vom 23. Januar 2020, GE.2019.33/2.02.01

Die Delegation an das Ratsbüro, unbeschränkt Formvorschriften zur Abfassung von politischen Vorstössen zu erlassen, deren Nichteinhaltung zur Ablehnung führt ist unzulässig. Im Übrigen wäre es fraglich ob es zulässig wäre, das Eintreten auf politische Vorstösse vom Einhalten sprachformaler Vorgaben abhängig zu machen.

Das Büro des Gemeinderates Zürich hatte aufgrund einer Delegationsnorm (Geschäftsordnung des Gemeinderates, Art. 86 Abs. 3), wonach das Büro Richtlinien zur Abfassung von Vorstössen erlässt, in der Ausführungsverordnung zu Art. 86 Abs. 3 der Geschäftsordnung unter anderem verfügt, dass Frauen und Männer sprachlich gleichberechtigt zu behandeln sind. Die Stadt Zürich verfügt über ein Reglement für die sprachliche Gleichstellung, auf die indirekt verwiesen wird.
Am 28. August 2019 wies das Büro eine Interpellation einer Gemeinderätin zurück, weil das generische Maskulinum in den Richtlinien, auf das sich die Interpellantin berufen hatte, nicht als Variante aufgeführt ist.
Die Interpellantin führte Beschwerde unter anderem unter Einreichung eines sprachwissenschaftlichen Gutachtens (auf das der Bezirksrat aber nicht weiter eingeht).
Der Bezirksrat heisst die Beschwerde gut, da die Ausführungsbestimmungen zur Geschäftsordnung, wonach auf einen politischen Vorstoss nur eingetreten werden darf, wenn er (umfangreichen) sprachformalen Vorgaben genügt, nicht auf einer ausreichenden Delegationsnorm basiert und es somit an einer genügenden gesetzlichen Grundlage fehlt. Im Übrigen wäre es fraglich ob es zulässig wäre, das Eintreten auf politische Vorstösse vom Einhalten sprachformaler Vorgaben abhängig zu machen.
Das Büro beantragt, auf einen Weiterzug zu verzichten.

Direkter Zugang zum Beschluss vom 23. Januar 2020 (bezirke.zh.ch)
Medienmitteilung des Büros des Gemeinderates vom 28. Januar 2020 (gemeinderat-zuerich.ch)
Zum Thema siehe auch den Beitrag «Geschlechtergerechte Sprache in Gesetzen»