Änderung des Bundesgesetzes über die Gleichstellung von Frau und Mann

SCHWEIZ: ANNAHME EINES BUNDESGESETZES

14. Dezember 2018

Nach langwierigen Beratungen hat das Schweizer Parlament eine Revision des GlG gutgeheissen, mit der Unternehmen, die am Anfang eines Jahres 100 oder mehr Angestellte beschäftigen, verpflichtet werden, für das betreffende Jahr eine betriebsinterne Lohngleichheitsanalyse durchzuführen.

Die Lohnanalyse ist alle vier Jahre zu wiederholen, ausser sie habe gezeigt, dass die Lohngleichheit eingehalten ist. Sie ist nach einer wissenschaftlichen und rechtskonformen Methode durchzuführen, wobei der Bund allen Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern ein kostenloses Standard-Analyse-Tool zur Verfügung stellt. Private Arbeitgebende lassen ihre Lohngleichheitsanalyse von einer unabhängigen Stelle überprüfen. Bund und Kantone regeln die Durchführung der Analysen in ihrem Kompetenzbereich selber. Geprüft werden muss nur, ob die Lohngleichheitsanalyse formell korrekt durchgeführt wurde. Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber informieren die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bis spätestens ein Jahr nach Abschluss der Überprüfung schriftlich über das Ergebnis der Lohngleichheitsanalyse. Börsenkotierte Gesellschaften sowie öffentlich-rechtliche Arbeitgebende veröffentlichen sie. Die Gültigkeit des Gesetzes, dessen Inkrafttreten der Bundesrat noch nicht beschlossen hat, ist auf zwölf Jahre begrenzt, nach spätestens neun Jahren soll eine Evaluation stattfinden.

Kommentar von Rosemarie Weibel
Ob eine solchermassen ausgestaltete Analysepflicht, welche sich zudem auf weniger als die Hälfte der Arbeitnehmenden beschränkt, gross zur effektiven Lohngleichheit beitragen wird, mag füglich bezweifelt werden. Es besteht die Gefahr, dass Unternehmen dank unsorgfältig durchgeführter Lohngleichheitsanalysen in reinen Westen dastehen beziehungsweise dass Lohn- und Leistungskriterien, die Frauen benachteiligen, nicht erkannt oder gar gerechtfertigt werden. Zum Beispiel ist nicht vorgesehen, dass die Analysemethode von einer neutralen Stelle genehmigt wird. Zwar soll sie wissenschaftlich und rechtskonform sein. Von besonderen gleichstellungsrechtlichen Kompetenzen (d.h. der Kompetenz, gender-kritische Kriterien zu erkennen) ist nirgendwo die Rede. Das Gesetz schweigt sich auch aus zur Kontrolle der Zuordnung der Kriterien, der Prüfung der Stellenbeschriebe, der Übereinstimmung der eingespeisten Profile mit der effektiven Tätigkeit usw., alles aus Genderperspektive besonders anfällige Aspekte einer Lohnanalyse. Klarheit besteht auch nicht darüber, welche Ergebnisse bekanntzugeben sind, d.h. ob nur das Endergebnis oder auch Zwischen- und Detailergebnisse gemeint sind: Für öffentlich-rechtliche Arbeitgebende sind es immerhin die «einzelnen Ergebnisse». Bei den in diesem Zusammenhang vorwiegend verwendeten statistischen Methoden gibt es mindestens drei Ergebnisse, die jeweils statistisch mehr oder weniger signifikant sein können: Das erste Ergebnis zeigt den Lohnunterschied zwischen Männern* und Frauen* allgemein, das zweite den Unterschied nach Humankapital (daran zeigt sich eine allfällige vertikale Ungleichbehandlung, d.h. mehr Männer* als Frauen* in anspruchsvolleren Stellen, insbesondere in Kaderstellen), das dritte berücksichtigt auch die Anforderungen der Arbeitsstelle und zeigt somit allfällige Diskriminierungen im engeren Sinne auf (vgl. Logib Schritt für Schritt, Ziffer 7.1). Nicht klar ist auch, wie detailliert und ob überhaupt die Resultate bezüglich der einzelnen Funktionen offenzulegen sind. Bleibt zu hoffen, dass der Bundesrat in der Verordnung über die Kriterien für die Ausbildung der leitenden Revisorinnen und Revisoren die Anforderungen so festlegt, dass zumindest die formelle Prüfung kompetent durchgeführt wird. Daneben werden sich die Gewerkschaften dafür einsetzen müssen, dass eine (entsprechend ausgebildete) Organisation nach Art. 7 GlG oder eine Arbeitnehmendenvertretung eingesetzt wird, die Vereinbarung über das Vorgehen die diskriminierungsanfälligen Punkte berücksichtigt und die Berichterstattung möglichst vollständig und detailliert ausfällt, damit Diskriminierungen auch konkret angegangen werden können.
Direkt zur Gesetzesänderung im Bundesblatt (admin.ch)